Überblick über den Stand der aktiven beA Nutzungspflicht
Bisher besteht für Rechtsanwälte und Rechtsanwältinnen lediglich eine passive beA Nutzungspflicht, die sich im wesentlichen aus § 31a Abs. 6 BRAO ergibt. § 31a Abs. 6 BRAO regelt die Verpflichtung der Anwälte, beA Nachrichten zur Kenntnis zu nehmen, also zu emfangen. Eine Pflicht zur aktiven Nutzung, also zum Versand von beA Nachtrichten, enthält die Norm nicht.
Trotzdem entschieden nun zwei Gerichte, dass das beA auch zum Versand von Nachrichten verwendet werden muss. Konkret ging es in den Fällen um die Einreichung einer Berufungsschrift (LG Krefeld) bzw. der Berufungsbegründung (OLG Dresden).
Die Kanzleien versäumten die Frist und beantragten Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand. Begründung der Kanzleien: eine Frist gerechte Einreichung sei nicht möglich gewesen, da die Faxgeräte der Gerichte nicht empfangsbereit gewesen seien.
Die Landgerichte liesen die Begründung jedoch nicht gelten, und lehnten die Wiedereinsetzung ab. Die Gerichte wiederrum begründeten die Ablehnung damit, dass die Kanzlei alle zur Verfügung stehenden Möglichkeiten zu nutzen hätten, um Fristen einzuhalten. Und zu diesen Möglichkeiten zählen auch das beA.
Quellen: Oberlandesgerichts Dresden (vom 29.07.2019 – 4 U 879/19)
Landgerichts Krefeld (vom 10.09.2019 – 2 S 14/19)
Die Entscheidung des OLG Dresden gibt es im Volltext unter: https://elektronischer-rechtsverkehr.de/index.php?shownews=88.
Auch wenn o.g. Entscheidungen noch immer zitiert werden, hat sich deren Bedeutung durch den BGH Beschluss XZR 60/19 vom 28.04.2020 relativiert.
In einem Beschluss vom 28.4.2020, Az – X ZR 60/19 , hat sich der BGH zu den Pflichten eines Anwaltes beim Einreichen Frist wahrender Schriftsätze per Fax geäußtert. Dabei wurde ebenfalls kar gestellt, dass bei Störungen der Fax Übermittlung keine Verpflichtung zur Nutzung weiterer Übermittlungswege, beispielsweise des beA, besteht.
Interessent sind die zusätzlichen Ausführungen des BGH zum Thema beA. Auch wenn es sich in dem zitierten Beschluss um das Wiedereinsetzungsverfahren eines Patentanwaltes handelt, hat der BGH zu den Pflichten der Rechtanwälte und Rechtsanwältinne bzgl. beA Nutzung Stellung bezogen und dabei ausdrück die Entscheidung des OLG Dresden (vom 29.07.2019 – 4 U 879/19) genannt:
Vor diesem Hintergrund erscheint zweifelhaft, ob ein Rechtsanwalt, der sich für den Versand per Telefax entschieden hat, bei technischen Problemen kurz vor Fristablauf einen Übermittlungsversuch über das besondere elektronische Anwaltspostfach unternehmen muss (so aber OLG Dresden,MDR 2020, 306). Dieses Medium steht zwar gemäß §31a Abs.1 BRAO jedem Rechtsanwalt zur Verfügung. Die relativ hohe Zahl an Störungsmeldungen, die für dieses System veröffentlicht werden, begründet aber Zweifel daran, ob es in seiner derzeitigen Form eine höhere Gewähr für eine erfolgreiche Übermittlung kurz vor Fristablauf bietet als ein Telefax-Dienst. So sind auf der Internetseite der Bundesrechtsanwaltskammer (https://bea.brak.de/category/aktuelle-meldungen) für März 2020 insgesamt zwölf Störungsmeldungen veröffentlicht, von denensich vier auf Wartungsarbeiten und acht auf Anmeldeprobleme unbekannten Ursprungs beziehen.
Der BGH bezweifelt eine aktive beA Nutzungpflicht in Fristsachen daher auf Grund der technischen Unzuverlässigkeit. Eine rechtliche eindeutige Aussage lässt der BGH leider vermissen. Sobald die technische Mängel behoben ein ein zuverlässiges beA zur Verfügungen stehen sollte, bleibt offen, ob künftig nicht doch die aktive beA Nutzungspflicht vor Begin der aktiven beA Nutzungspflicht am 01.01.2022 von den Anwälten eingefordert werden kann.
Download: BGH Beschluss AZ: X ZR 60/19
Damit macht Schleswig-Holstein von der Möglichkeit Gebrauch, die verpflichtende Nutzung des beA von Anfang 2022 auf 2020 vorzuziehen (Opt-In), die der Gesetzgeber mit Art. 24 Abs. 2 ERVGerFöG allen Bundesländern eingeräumt hat. Das Landesjustizministerium veröffentlichte hierzu eine Presseerklärung mit Hinweis auf die bevorstehende Verkündung im Gesetz- und Verordnungsblatt.
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